Das AMT

Kategorie: Kurzmeldungen Erstellt: Dienstag, 05. April 2022

oder: Wenn man sein Geld im Schlaf verdient. Wie es einem Dorfkind ergeht, das in die große Stadt kommt und zum Amt geht.

Amtsschimmel

Heute war ich mit meinem Jüngsten bei der "Jugendagentur für Arbeit" oder wie der Schuppen heißt. Er sollte getestet und irgendwie beurteilt werden. Diese Behörde residiert in einer alten Brauerei mit schickem Atrium-Innenhof, alles schicki renoviert, viele Zimmer und unten ein "Infobereich" mit tollen Rollup-Displays, Monitoren, Faltblättern und einer Serviceinsel. Während ich so auf die hochqualitative Begutachtung meines Sprosses warte (3 Stunden!) schaue ich mir mal das hektische Treiben in der Behörde an.

Zunächst fällt auf, dass man hier wirklich etwas gegen Geräuschemissionen unternommen hat, denn man hört fast nichts. Ab und an geht ein Türdrücker und man hört Leute reden. Zu etwa 90% arbeiten hier Frauen. Unten im Atrium sitzt eine, neben ihr ein älterer, korpulenter Herr, der den Empfang regelt (oder verhütet, keine Ahnung). Der hat aber nix zu tun, denn pro Tag kommen hier nur etwa ein halbes Dutzend Leute her, alle mit Termin, sie werden von den Bürodamen persönlich unten am Eingang abgeholt, wenn die "Security" (ein unterbezahlter Migrant) die Impfnachweise kontrolliert hat. Also, er schaut auf ein Handydisplay, ob es da einen QR-Code gibt. Irgendeinen. Irgendwas mit kleinen, gemischten Quadraten. Wenn sowas da ist, dann ist man geimpft. Oder so.

Die besagte Dame in der Insel hat in den drei Stunden, die ich auf der Empore saß, nichts weiter getan, als auf einen Monitor zu starren, unterbrochen von exakt drei kurzen Telefonaten. Hin und wieder grüßte sie Kolleginnen, die vorbei gingen. Einige mit Thermoskannen, andere mit Kaffeebechern, eine sogar mit einer Gießkanne, einige auf dem Weg zum Klo.

Oben auf der Etage wurde eifrig gearbeitet. Also, nehme ich an, denn nur sehr wenige der Mitarbeiter verließen ihr Büro. Müssen sie ja auch nicht, ist ja alles digital. A propos digital. Da war diese ausgesprochen ungepflegte ältere Dame, die meinte, meinen Sohn beurteilen zu müssen / können. Schnapsvisage, strohige Haare, dunkle Ringe unter den Augen. Während der Junge einen Computertest machte, ist sie zu einer Kollegin im Schreibzimmer, die bis zu ihrem Eintreffen tatsächlich eine Tastatur bediente.

Die hochqualifizierte Leutebeurteilerin verbrachte eine geschlagene Viertelstunde damit, der Kollegin ihr Herz auszuschütten, weil sie es nicht gebacken bekam, an ihrem Arbeitsplatz ein Dokument aus dem PDF Format auszudrucken. Die beiden versuchten es dann zusammen, klappte nicht. Das System stellte immer so böse Fragen wie "Drucker auswählen" und wenn sie "PDF drucken" wählte, dann passierte einfach nichts, dabei wollte sie doch ein PDF ausdrucken. Irgendwann gaben die beiden hochqualifizierten Bürokräfte dann schließlich auf und begannen, eine weitere halbe Stunde lang über ihre Kolleginnen und Kollegen herzuziehen. Officegossip vom Feinsten. Schien die Damen auch nicht zu interessieren, dass die Tür offen stand und ich davor saß.

Während ich da so auf dem Gang saß und mir das Getratsche der Bürodamen anhörte, musste ich mir echt auf die Zunge beißen, als das Thema "PDF drucken" diskutiert wurde und selbst ein gemeinsamer interaktiver Workshop keine Lösung brachte. SOLCHE LEUTE bekommen 3K im Monat dafür, andere Leute zu beurteilen. In der Zeit hätte mein angeblich ach so unfähiger Sohn den Rechner samt Drucker zweimal auseinander- und wieder zusammengebaut oder ne brauchbare Kaffeemaschine draus gemacht.

Das war schon ein besonderes Erlebnis und mein Junge und ich waren froh, als wir diesen gastlichen Ort verlassen durften, in dem es noch nicht einmal einen Kaffeeautomaten gibt (also, nicht für "Kunden") oder auch nur Tische ("coronabedingt" hieß es auf Nachfrage). Geholfen hat man uns da nicht. Der Junge ist, was Ausbildungsmöglichkeiten angeht, genauso schlau wie vorher. Aber immerhin, 100km Autofahrt im Berufsverkehr und ein hübscher Einblick in die "Arbeitsweise" einer Behörde, in der Dutzende Leute NICHTS tun und eine Menge Geld dafür bekommen, dass sie diese arbeitsscheuen Jugendlichen mal zum Geldverdienen treiben. Irgendwer muss die Bezüge dieser feudalen Verwaltungsbüttel doch erwirtschaften, oder?

 

 

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