Stoppt die Massentierhaltung
Ein wirklich ernst gemeinter Aufruf von jemandem, der weiß, wie es aussieht.
Wir müssen damit aufhören. Damit, Tiere als Massenware zu halten. Fleisch als Wegwerfartikel zu produzieren. In Agrarfabriken. Wir müssen aufhören.
Ich habe den damals noch angenehmen Beruf des Tierwirtes erlernt. Vor fast 40 Jahren. Die 12 Kühe in unserem kleinen Stall kannte ich mit Namen und wenn ich die Tür zum Schweinestall öffnete, grunzte Susi vergnügt, weil sie wusste, es gibt Futter. Unser Eber hieß Pauli. Und schon damals schwante mir, dass da irgendetwas nicht richtig lief. Die Sauen standen in engen Gitterboxen und morgens schon wurden mickrige Ferkel totgeschlagen. Mit dem Seitenschneider wurden die Zähne abgekniffen und die Eberferkelchen wurde ohne Betäubung ruckzuck kastriert, 5 Würfe vor dem Frühstück. Wo ich lernte, das war ein kleiner Betrieb.
Später dann habe ich ein einem großen kommerziellen Unternehmen in der "Sauenvermehrung" gearbeitet, dort wurden Jungsauen für Schweinebauern hergestellt. Männliche Ferkel gingen als sogenannte "Läufer" nach Holland zur Mast. In dem Betrieb gab es circa 15.000 Tiere. Und Computer, die ersten Fütterungscomputer. Auch dort standen die Muttersauen in Käfigen, in langen, sehr langen Reihen. Einen Eber gab es auch, aber der war kastriert und lief nur morgens hinter den Sauen, um anzuzeigen, wo besamt werden musste. Das haben wir dann gemacht mit einer langen Pipette und aufgetautem Sperma. Das ist nun fast vierzig Jahre her.
Inzwischen haben die Milchbetriebe hier in der Gegend bis zu 1.000 Kühe, die den Stall nur verlassen, um in den fast vollautomatischen Melkstand zu gehen. Grünfutter wird im Sommer frisch geschnitten und direkt vom Trecker in die Futtergänge geliefert. Im Winter gibt es Silage, Sauerfutter. Heu existiert nicht mehr. Die Tiere haben sehr oft schwere Bakterien- und Pilzinfektionen an den Klauen, weil sie den ganzen Tag auf ihrer eigenen Scheiße laufen. Wen es interessiert, bei der Google Bildersuche einfach mal "Mortellaro" eingeben. Guten Appetit. Der ganze Sodder wird dann mit dem Scheißetanker auf den Äckern verteilt.
Die Schweine vegetieren in riesigen Mastanlagen vor sich hin, es gibt sogar ein Schweinehochhaus. Gefüttert werden sie mit billigstem Futter, das mitunter sogar Fäkalien enthält (so geschehen 1999 in Frankreich). Manche Futterbestandteile werden aus Afrika importiert (Maniok), statt dort den Menschen zur Verfügung zu stehen. Die bekommen dann humanitäre Lieferungen von Weizenüberschüssen oder verstrahltes Milchpulver, das dürfen die Schweine nämlich nicht fressen, lässt sich nachweisen.
Hühner? Auch nicht besser. Riesige Großmastanlagen, in denen die Tiere mit Antibiotika am Leben gehalten werden, bis die Bruststücke groß genug sind. Die Karkassen und die Haut werden vermahlen und landen in der "guten Salami" an der Wursttheke, um den vorgeschriebenen Eiweißgehalt zu erreichen, das geht mit Schlachtabfällen und Schwarten allein nämlich nicht. Industrielle Verwertung halt. Um dann auf dem Tray unter der Folie aus 350g Fleisch etwa 500g "Hähnchenbrustfilet" zu machen, wird das Produkt im verarbeitenden Betrieb noch mit Wasser aufgespritzt, in der Wurst wird das Wasser zusammen mit Separatorenfleisch mit Phosphaten gebunden. Wasser-Aufschnittpampe für 4 Euro das Kilo.
Neulich fiel beim örtlichen Discounter an zwei aufeinanderfolgenden Tagen die Kühlung aus. Jeden Tag wurde Frischfleisch für 1.000 Euro in die Tonne entsorgt. Weggeschmissen. Soweit der Ist-Zustand. Über die Art und Weise, wie mit den Tieren im Schlachthof umgegangen wird, will ich hier gar nichts sagen. Ich habe es selbst gesehen. Das reicht mir.
Ich habe früher auch bedenkenlos viel Fleisch konsumiert und die Zustände, um die ich ja wusste, einfach ausgeblendet. Hab mich auch gefreut, wenn es billig war. Aber ich hab mich früher auch über billige Autos gefreut. Das hat sich geändert. Beides.
Vor einiger Zeit habe ich für mich persönlich die Entscheidung getroffen, weitestgehend auf Fleischprodukte zu verzichten. Ich lebe nicht vegan oder so, aber ich habe meinen Konsum von Discounterfleisch fast vollständig eingestellt. Ich bin der Überzeugung, dass es andere Wege gibt als Qualzucht und Massentierhaltung. Ich bin nicht gegen Fleischkonsum, aber ich bin gegen die Art, wie das Fleisch hergestellt wird.
In absehbarer Zeit wird es industriell hergestelltes Laborfleisch geben, das sich in der Qualität nicht von gutem Biofleisch unterscheiden wird. Kein Tier wird dafür leiden. Das könnte ein Ausweg aus der Misere werden. Und den Menschen, die der Ansicht sind, sie würden niemals solches Fleisch essen, sei empfohlen, einmal den Begriff "Tumbeln" oder "Poltern" bei Google einzugeben, einfach, um mal zu erfahren, wie ihr "Rumpsteak" oder ihre "Gourmet-Grillplatte" so zusammengeschustert wird. Das ist schon längst Industrieware, was da auf dem Grill landet.
Vielleicht sollten wir wirklich gründlich umdenken, was den Fleischkonsum angeht. Wie gesagt, ich will es niemandem ausreden oder verbieten, ich möchte hier lediglich zum Nachdenken anregen.
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