Willensethik und Unmoral

Kategorie: Free Speech Erstellt: Dienstag, 28. April 2020 Drucken

(von Olaf Francke)
Weshalb Ethik mehr Wert hat als Moral, und wozu es manchmal nützlich sein kann, unmoralisch zu handeln. Determinismus vs. Kompatibilismus oder: Ein König fragt nicht: Warum?

Call4Will

Bevor ich dazu komme, über Dinge wie Freiheit, Willensethik, Selbstbestimmung und -verantwortung zu referieren, bedarf es einer grundlegenden Definition der im Titel verwendeten Begriffe ETHIK und MORAL. Ich verwende dazu keine bekannte Schablone, sondern mein persönliches Empfinden. Das trifft im übrigen auf den gesamten folgenden Text zu, der keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sachliche Richtigkeit oder allumfassende Wahrheitsgebung erhebt.

ETHIK - Diesen Begriff verwende ich, wenn ich Handlungsmaxime beschreibe, die ein Mensch selbst, also aus seinem persönlichen Erfahrungsschatz und seiner individuellen Wahrnehmung der Welt erarbeitet, unter Beachtung der Bedürfnisse seiner Umwelt. Ethische Entscheidungen beginnen zumeist mit den Worten: „Ich will …“ - Ethik sagt: „Ich tue das nicht.“

MORAL - Diesen Begriff verwende ich für sämtliche Normen, Regeln, Verhaltens- und Entscheidungsmuster, die von außen an den Menschen herangetragen werden, von ihm angenommen und als Handlungsmaxime akzeptiert werden, ungeachtet der Bedürfnisse seiner Umwelt. Moralische Entscheidungen werden häufig eingeleitet durch „Du sollst … / Man darf nicht … / Ich möchte …“. - Moral sagt: „Das tut man nicht!“

In diesem Sinne möchte ich mich verstanden wissen als einen unmoralischen Menschen, der als Ergebnis einer freien Entscheidung der Ethik des Willens folgt und versucht, diese auch zu leben.

Freie Entscheidung - das klingt zunächst mal gut, doch wird diese Grundlage des Handelns von vielen Geisteswissenschaftlern in Zweifel gezogen und dem Edikt der Determiniertheit des Seins unterworfen. Ich folge diesem Glaubenssatz nicht, tatsächlich bin ich von der Möglichkeit freier Entscheidung überzeugt.

Die sieben Thesen der Freiheit

Die Freiheit des Willens, der Liebe und des Lebens
    • Jeder Mensch hat das Recht, seinen Willen zu tun, zu lieben, wie er will und sein Leben zu gestalten wie er will. Dieses Recht darf ihm unter keinen Umständen genommen werden.


Die Freiheit des Denkens und der Rede, der Kunst und des Glaubens
    • Kein Mensch darf wegen der Art, wie er liebt, glaubt, erschafft, denkt oder redet benachteiligt werden, sofern er nicht den Willen eines anderen Menschen einschränkt oder unterdrückt. Der freie Mensch achtet die Meinung und den Glauben des Anderen.


Die Freiheit und Verantwortung im Handeln
    • Die Freiheit des Einen ist auch die Freiheit des Anderen. Der Mensch, der seinem Willen folgt, beachtet, dass er ein leuchtender Stern unter unzähligen anderen Sternen ist. Er handelt verantwortungsbewusst und steht konsequent für sein Tun ein.


Die Freiheit der Arbeit, des Handels und der Produktivität
    • Niemand hat das Recht, einem anderen vorzuschreiben, wie und wo er arbeitet, wie und was er handelt, wie und was er herstellt. Ein freier Mensch wird niemals einen anderen ausbeuten und übervorteilen.


Die Freiheit des Eigentums und des Besitzes
    • Jeder Mensch kann Güter oder Werte anhäufen nach Art und Umfang, wie es seinem Willen entspricht, so er nicht den Willen eines Anderen dadurch einschränkt oder unterdrückt. Niemand hat das Recht, dem freien Menschen sein Eigentum gegen seinen Willen wegzunehmen.


Die Freiheit des Mitgefühls und der Liebe
    • Der Mensch ist grundsätzlich frei von der Last des Mit-Leids, er versteht die Eigenverantwortung des Individuums. Er ist jedoch nicht ohne Mit-Gefühl für seine Mitmenschen und seine Umwelt, denn er ist ein liebendes Wesen.


Die Freiheit in der Wahl der Mittel
    • Der Mensch hat das Recht, ihm widerfahrendes Unrecht mit dem Mittel seiner Wahl zu vergelten. Er darf sich gegen die Einschränkung oder Unterdrückung seines Willens mit jedem Mittel verteidigen. Er trägt die Konsequenzen seines Handelns vollumfänglich.

Der Begriff WILLE taucht hier häufig in der Nähe des Wortes FREI auf. Vielleicht ist es angeraten, sich dem Begriff nun im Sinne einer Erläuterung zu nähern. Bewusst verwende ich das Wort frei lediglich in der Nähe des Begriffes Wille, denn als Adjektiv taugt es in diesem Zusammenhang nicht. Eine Entscheidung kann frei (selbst und unabhängig gefällt) oder unfrei (aufoktroyiert, also erzwungen) sein, nicht aber der Wille, denn dieser ist per se frei, sonst wäre er (nach meiner Definition) nicht Wille. Es gibt keinen unfreien Willen. Es gibt Wille - oder Begierde. Letztere kann durch äußere Zwänge erzeugt bzw. gelenkt werden, ersterer unter keinen Umständen. Ich habe natürlich (im Sinne des Kompatibilismus) die Möglichkeit, als Folge einer freien Entscheidung einer Willensethik zu folgen, aber eben auch diese Entscheidung kann nicht erzwungen werden. Von daher ist das Wort FREIWILLIG an sich obsolet und führt sich selbst ad absurdum.

Mit WILLE und BEGIERDE verhält es sich wie mit ETHIK und MORAL. Beide Begriffspaare verweisen auf ihren Ursprung. Versuch einer Definition:

WILLE - Diesen Begriff verwende ich, wenn ich Entscheidungsprozesse beschreibe, die weitgehend unabhängig von äußeren Einflüssen stattfinden. Wille sucht nach Verwirklichung, Perfektion, Individualität. Der Wille folgt keinem regulären Muster und wird nicht durch Normen beschränkt, er entsteht aus sich selbst heraus in einer ursprünglichen Form. Der Wille wirkt stets rekursiv auf sich selbst. Er richtet sich stets auf einen Zweck aus, auf das Ziel, fragt also: WOZU? und erwartet die Antwort: Um zu ...
BEGIERDE - Diesen Begriff verwende ich für Entscheidungen, die durch äußere Einflüsse stimuliert werden oder aus erlernten, auf Moral basierenden Verhaltensmustern, also Programmierungen und Konditionierungen im weitesten Sinne, resultieren. Begierden, Wünsche, das Möchten als solches sind Instrumente des Geistes, die sich nach hinten richten, auf eine Ursache, fragen also: WARUM? und erwarten die Antwort: Weil ...

Darin liegt der größte Unterschied zwischen WOLLEN und MÖCHTEN. Während das Wollen sich als zielorientiert aus einer freien Entscheidung bildet, ist das Möchten die Folge einer Konditionierung. Kaum eine Szene zeigt das deutlicher, als die, in der eine um gute Erziehung (sic!) bemühte Mutter ihr Kind belehrt.

„Das heißt nicht 'Ich will…' - das heißt 'Ich möchte …'.
Kinder mit 'nem Willen, die kriegen was auf die Brillen!“

Hier sehen wir anhand eines simplen Beispiels, dass sich durch die Jahrhunderte menschlicher Konditionierung aus einer ursprünglich ethischen Belehrung eine moralische Konditionierung gebildet hat. Das Kind empfindet den Drang, etwas zu tun (vielleicht sogar willentlich). Die Mutter deklariert das Bedürfnis als Begierde (was unter Umständen sogar geboten sein könnte) und droht mit der Anwendung von Gewalt, um das Kind zu einer Normhandlung zu zwingen. Dadurch werden Bildung und Ausdruck des Willens in eine Konditionierung der bloßen Begierde gewandelt. Furcht vor Gewalt konditioniert das Kind, künftig Begierden zu folgen und die Erfüllung durch Anwendung moralischer Regeln und Verhaltensweisen zu erwirken.

Das Beispiel mag für viele Menschen banal klingen, immerhin ist ja nichts Falsches dabei, Höflichkeit zu erlernen. Aber im Kern findet hier eine falsche Programmierung statt, die bereits in frühester Kindheit dafür sorgen kann, dass der Wille einer Konditionierung weicht. Konditionierungen führen zu Normen, Regeln und Gesetzen, die häufig das Individuum über das Maß alles Erträglichen hinaus eingrenzen. Die Frage, die man sich stellen sollte, lautet:

„In was für einer Welt lebe ich eigentlich?“

Es ist eine Welt, deren Grenzen durch Vorschriften, Regeln und Gesetze abgesteckt sind, deren Sinn die meisten Menschen schon lange nicht mehr verstehen. Beispiele geltender (!) Gesetze aus den USA:
• Arkansas: Flirten in der Öffentlichkeit in Little Rock: 30 Tage Gefängnis
• Massachusetts: In Salem dürfen selbst verheiratete Paare nicht nackt in Mietwohnungen schlafen.
• Nebraska: In Hastings müssen Ehepartner beim Sex Nachthemden tragen.
• Texas: Der Kauf der Encyclopedia Britannica ist verboten, weil darin ein Bierbraurezept wiedergegeben wird
• Arkansas: Ein Gesetz verbietet es dem Arkansas River, höher als bis zur Brücke der Hauptstraße in Little Rock zu steigen.
• North Carolina: In den Straßen von Asheville ist das Niesen verboten.
• Illinois: Monstern ist es in Urbana verboten, das Stadtgebiet zu betreten.
• Florida: Per Gesetz wird den Ratten verboten, Schiffe zu verlassen.

Das Leben wird geregelt, gelenkt und gesteuert von Menschen, die Gesetze erlassen, welche für alle gleichermaßen Gültigkeit besitzen sollen. Das Dumme ist eben nur: Nicht alle Menschen sind gleich, und nicht für alle Menschen sind diese Gesetze optimal. Im Grunde genommen sind die wenigsten Menschen mit den derzeitigen Gesetzen und Normen zufrieden. Jeder macht Kompromisse, weil es eben scheinbar einfacher ist. Man geht zur Wahl, macht ein Kreuz und gibt den Menschen auf der Liste eine Vollmacht, im Namen der Wähler diese Gesetze zu erlassen. Ein kleines Kreuzchen – und schon ist die Verantwortung für wirtschaftliches Wachstum, Wohlstand und Vollbeschäftigung abgegeben.

Der Grad der Versklavung in diesem anonymen Wertesystem ist inzwischen so weit fortgeschritten, dass es Menschen in unserer Gesellschaft nur sehr schwer fällt, es trotzdem aus freien Stücken zu verlassen und sich selbst neu zu erschaffen, eben als einen Stern unter Sternen. Das System in dem wir existieren, basiert auf Ängsten, nicht auf Hoffnungen. Ängste resultieren aus unerfüllten Begierden, während Hoffnungen das Produkt einer Willensethik sind. Und genau da liegt der Fehler im System, wenn wir nicht einmal mehr feststellen können, ob wir das System beherrschen, oder das System es ist, das uns beherrscht.

„Junger Freund, es ist ein Schweinesystem. Und das sollte man nie vergessen. Nicht nur aus moralischen, sondern auch aus taktischen Gründen. Als Marxist weiß man, dass die sieben Achtel, die schlechter dran sind, einem irgendwann mal den Schädel einschlagen und womöglich damit recht haben. Was ich sagen will: Meine Altersgenossen und ich, wir sind eine besondere Sorte von Kleinanlegern. Wir halten das System für verrottet und müssen ihm trotzdem die Daumen drücken, dass es gewinnt, damit es die Kohle wieder rausrückt, die wir ihm anvertraut haben, um uns mit einem möglichst sonnigen Lebensabend zu versorgen.“
Zitat aus „Matthias Mattusek: Ziemlich vergeigt“ in DER SPIEGEL 01/2003 S.73

Was denkst du, lieber Leser?
Ist das der richtige Weg?

Möglicherweise denkst du: „Ich würde ja gern mich selbst zu dem machen, was ich eigentlich bin. Aber ich habe einen Partner, Familie, Freunde und Bekannte, Vorgesetzte und Arbeitskollegen, die auf mein Funktionieren angewiesen sind.“

Denkst du so? Und? Macht es dich glücklich, immer nur für andere da zu sein, dich aufzuopfern für etwas, das nicht deiner Entwicklung dient? Ja? Immer? Natürlich ist es wundervoll, den Partner zu lieben, in Liebe Kinder großzuziehen, in einem guten Team erfolgreich zu arbeiten. Doch wie viele Menschen leben in Gewohnheits- und Zweckbündnissen, ordnen sich Vorgesetzten unter, welche über ungeeignete Qualifikationen verfügen oder ihre Machtposition ausnutzen? Wie viele Menschen kommen abends völlig gestresst oder übermüdet von der Arbeit heim in ein Zuhause, wo sie ein ungeliebter Partner erwartet, neben dem man es notgedrungen aushält? Aber: Ist das der richtige Weg?

Möglicherweise denkst du: „Ich bin kein religiöser Mensch, der ‚den göttlichen Funken’ sucht oder den es zu Höherem zieht. Ich bin ein sehr realistisch denkender Mensch und gedenke nicht, das zu ändern.“

Denkst Du so? Und? Ist es wichtig, welche Religion du hast? Sind nicht alle Religionen unvollkommen, da sie dich, den Menschen, in Verhaltensmuster pressen, die größtenteils auf moralischen Thesen basieren, welche zum Teil über tausend Jahre alt sind? Macht es dich glücklich, Götter anzubeten, die du nie siehst? Den Gottes-Dienst zu verrichten, obschon du weißt, dass die Würdenträger deiner Religion diese oft mit Füßen treten? Ist es Recht, im Namen unsichtbarer Götter Kriege zu führen, Völker zu unterjochen, Andersdenkende zu verfolgen? Man versucht allerorts, dich das Glauben zu machen. Aber: Ist das der richtige Weg?

Die Umstände, in denen du lebst, sind lediglich das Ergebnis und das Maß deines Erduldens. Du machst faule Kompromisse, nur um den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen, und hinterher holt dich dein Gewissen ein, und du weißt tief im Innern, dass es falsch war, z.B. der Kinder wegen zu heiraten, den Job des Geldes wegen anzunehmen, die Partei X der Versprechen wegen zu wählen, und nicht zuletzt vielleicht in ein Gotteshaus zu laufen, um für all dein Versagen vor dir selbst Absolution zu erlangen (gegen klingende Münze versteht sich).

• Du versuchst, dich anzupassen, um Reibung zu vermeiden, doch letztlich reibst du dich nur an dir selbst und empfindest das auch noch als eine Art Nestwärme.
• Du versuchst, nicht aufzufallen, und letztlich gehst du in einer homogenen Masse von Konsumenten unter, in der du seelisch und innerlich verkümmerst.
• Du versuchst voranzukommen, und letztlich bezahlst du den Erfolg mit Jahren deines Lebens und/oder dem Zerbrechen Deiner Familie.
• Du versuchst, dem Leben einen spirituellen Sinn abzugewinnen, und letztlich endet dieser Versuch in einem mittelmäßigen Drama aus Glauben und Hoffnung.

Siehst du den Schlamassel, in dem du steckst? Denkst du, es sei aussichtslos, dich daraus zu befreien, nur weil alle anderen, die in deiner oder einer ähnlichen Situation sind, dir diesen Versuch ständig vorhalten? Warum musst du angepasst, eingegliedert, normiert sein? Ist das wirklich notwendig, damit unsere Gesellschaft funktioniert?

Der Mensch ist ein Individuum.

Es gibt keine zwei, die absolut gleich sind. Und jeder dieser Menschen auf unserem Planeten hat eine andere Erfahrungswelt, in der er lebt. Es ist vermessen, zu glauben, dass einige Meter Aktenwerk voller Gesetze und Regeln ausreichen, um das Leben dieser wunderbaren Individuen zu gestalten. Geht es auch ohne?

Ein Gedankenspiel: Stell Dir vor, es gibt kein Gesetz, außer:

TU WAS DU WILLST

Was bedeutet dies? Dass du tun und lassen kannst, was dir beliebt? Ja? Bist du sicher, dass das der richtige Weg ist? Diese Regel (die eigentlich keine ist) würde es ja theoretisch jedem Menschen erlauben, so zu handeln. Was wäre das Ergebnis? Chaos, Gewalt, Anomie? Möglicherweise. Vielleicht aber auch nicht.

Das geht nicht? Aber sicher geht das!

Wenn du genau hinsiehst, wirst Du feststellen, dass da steht: „Tu was Du willst“, und nicht: „Tu was Du möchtest.“ - Da ist kein Unterschied? Nun, da ist sehr wohl einer. Und eben dieser Unterschied ist es, der es uns Menschen als Individuen ermöglichen wird, vielleicht eines Tages ohne geschriebene Gesetze unser Leben in räumlicher und zeitlicher Ausdehnung vollkommen selbst zu bestimmen. Wodurch und wie nun kannst du persönlich ein solches Ziel erreichen?

Möglicherweise denkst Du: „Ich in meiner Beschränkung werde dies nicht leisten können. Ich kann mich überhaupt nicht freimachen von all den Sachzwängen, die mich umgeben. Und eigentlich bin ich auch ganz zufrieden mit dem, was ich habe, auch wenn ich mich dafür an andere anpassen muss.“

Denkst Du so? Warum? Du bist wie ein Stern am Firmament, du musst dich nicht kleiner machen als du bist, nur um den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen. Du bist einzigartig und wundervoll. Sei dir dessen bewusst! Du hast etwas in dir, tief im Innern verborgen, das eine gewaltige Kraftquelle für dich sein kann, wenn du es dir selbst erlaubst, diese Quelle auch zu nutzen. Diese Kraftquelle, das innere Feuer des Sterns, ist der WILLE.

Doch was genau ist das: WILLE? Da gibt es zwei Zustände des Geistes, die sich auf den ersten Blick in gewisser Weise ähneln: Das MÖCHTEN (basierend auf Moral) und das WOLLEN (basierend auf Ethik). Ersteres wird dir gut bekannt sein, denn es ist das, was diese Gesellschaft permanent von dir verlangt: Das Möchten. In dir werden Begierden und Gelüste erzeugt (z.B. durch Werbung), die nicht im Mindesten deinen wahren Bedürfnissen entsprechen. Um sie zu befriedigen, tust du Dinge, die du an sich nicht tun willst (z.B. Überstunden bei der Arbeit, Kreditaufnahme, Gehorsam, Willfährigkeit). Dies erzeugt eine Dissonanz in dir. Und diese Dissonanz ist es, die Dich letztlich und endgültig in den Tod treibt.

Das MÖCHTEN ist Ausdruck eines Teils der Persönlichkeit, den man DAS GEMÜT nennen könnte. Dieser Teil der Persönlichkeit ist es, der Neid, Missgunst und Hass zu wecken in der Lage ist, und der dem Willen direkt entgegensteht. Dieses Gemüt, den Hort der Befindlichkeiten, der Launen und der emotionalen Unbeständigkeit gilt es zu erkennen und zu kontrollieren. Dies ist dein erster Schritt auf dem Weg zum TU WAS DU WILLST.

Dein Gemüt ist es, das deinen wahren Willen einkerkert, zurückdrängt, ja sogar vernichten kann. Deine Aufgabe ist es zunächst, herauszufinden, welche deiner Bedürfnisse dem Gemüt entspringen. Frage dich stets nach dem Ziel deines Handelns. Erkenne, ob dein Handeln wirklich deinem innersten Willen entspringt oder ob es lediglich eine simple Reaktion auf Stimulationen der Sinne ist. Es gilt also zunächst, das MÖCHTEN vom WOLLEN zu trennen. Dieses Erkennen, Verstehen des wahren Willens ist ein Prozess, der intensiver Beschäftigung mit den eigenen inneren Werten bedarf. Du solltest darangehen, deine Allgemeinbildung zu vergrößern, um stets einen Überblick zu haben über unterschiedliche Theorien, Ansichten und Realitäten. Nur, wer sich umfassend bildet und stets über Vergleiche in ausreichender Menge verfügt, ist in der Lage, seinen Willen korrekt zu definieren.

Der zweite Schritt ist dann die Übernahme der vollen Verantwortung für das eigene Handeln. Nur, wer eigenverantwortlich handelt, ist in der Lage, seinen wahren Willen auch zu leben. Du muss es unterlassen, anderen oder der Umwelt oder den Umständen die Schuld für deine eigene Existenz zuzuweisen. Entwickele Initiative, ändere die Umstände, die dich nicht befriedigen, suche aktiv nach Alternativen, statt das Schicksal hinzunehmen und den daraus resultierenden inneren Schmerz mit Drogen und Konsum zu betäuben.

Der dritte Schritt: Du beginnst, deinen definierten Willen zu leben. Das wird dein Leben unter Umständen komplett verändern. Es ist oft der Fall, dass die Entscheidung, von nun an dem wahren Willen zu folgen, eine eruptive Veränderung der Lebensumstände zur Folge hat, da diese ja lediglich Ausdruck der inneren Einstellung sind. Darum: Wähle gut! Wer sich für die eigene Selbsterschaffung entscheidet, der tut damit einen sehr bewussten und in den Folgen weitreichenden Schritt: Er entzieht sich dem Dogma des Schicksals.

Dieser irreführende Begriff bezeichnet meist Um- und Zustände, denen der Mensch als Individuum hoffnungslos erlegen ist, und die er hinzunehmen hat. Der Mensch hat sein Schicksal zu ertragen, wird uns gelehrt. Was aber, wenn das nicht wahr ist? Was, wenn du belogen wurdest, was das Schicksal angeht? Was, wenn das Schicksal in Wahrheit komplett in deiner Hand liegt? Heißt es doch: „Ein jeder ist seines eigenen Glückes Schmied!“ Wer sich für Willensethik entscheidet, der akzeptiert das Schicksal als das, was es ist: Ein Ausdruck des eigenen Willens. Du selbst bestimmst dein Schicksal durch das, was dein Wille dir zuführt. Wenn du dich dafür entschieden hast, ist die Zeit der Ent-Schuldigungen vorbei. Dann sind nicht mehr die anderen schuld.

Ärger in der Familie? Im Beruf? Im Bekanntenkreis? Das liegt nicht mehr an den lauten Kindern, der nörgeligen Frau, dem miesen Chef oder den spießigen Kollegen. Das liegt daran, dass du nicht bereit und willens bist, die Kommunikation zu ändern oder deinem Gegenüber Verständnis entgegenzubringen. Oder daran, dass du nicht realisieren willst, dass Kommunikation sinnlos ist, und du nur zu feige oder zu faul bist, zu gehen. Die Entscheidung für ein Leben nach dem eigenen Gesetz ist irreversibel. Wenn du dich entschieden hast, dich selbst zu l(i)eben, wirst du nicht mehr zurück können in das alte Leben. Diese Krücke hast du dann zerbrochen. Darum wähle gut, was du sein willst:

SKLAVE oder KÖNIG ?

Liegt es in deiner Natur, unterwürfig zu sein gegenüber Vorgesetzten, Kollegen, Bekannten, Vereinskameraden, dem Lebenspartner? Ist es dein innerster Wunsch, vor Amtspersonen zurück zu schrecken, nur weil ihre Uniform oder ihr Schreibtisch es von dir fordern? Ist es deine wahre Art der Selbst-Entfaltung, wenn du dich in dem bisschen Freizeit, das dir neben Arbeit und Familie bleibt, in sinnlosen Statusspielchen ergehen musst, um deine soziale Stellung zu erhalten?

Wenn das so ist, dann bist Du ein Sklave und musst dienen. Ist es aber nicht so, dann bist Du möglicherweise ein Mensch von der Sorte, die man als König bezeichnen kann (im übertragenen Sinne!). Könige werden nicht geschickt, sie regieren sich selbst. Könige arbeiten, wenn sie Freude an der Arbeit haben und sie spielen, wenn es ihnen gefällt. Sie übernehmen und tragen Verantwortung. Könige gründen Familien, wenn sie es wollen und sie lieben wie und wo und wen sie wollen. Könige handeln, sie fragen nicht nach Warum und suchen nicht nach dem Weil. Die Könige unter den Menschen folgen einzig ihrem Willen als höchste ethische Instanz. Die Könige sind frei.

Der Mensch, so auch du, wird geboren als freies Wesen unter den Sternen. Sein Innerstes, das wahre Wesen seiner Existenz, steht in direkter Verbindung zu diesem Willen - das Wollen bestimmt das Handeln, pures Wollen. Wenn unser Wille unsere Ethik bestimmt, also zur Grundlage unserer Entscheidungen und unseres Handelns wird, dann, und erst dann (!) können wir in Konsens und Kooperation daran gehen, diese, unsere Welt zu einem besseren Ort zu machen.

Seien wir also unmoralisch und vom Willen gelenkt!

Wer diese Thematik gern vertiefen will, dem sei ein ausführlicher Artikel von Neidthard Kupfer empfohlen, der auf seinem Blog MENTOPIA.NET erschienen ist: https://mentopia.net/essays/57-wille

Dieser Text darf zitiert, kopiert und weitergegeben werden, jedoch nur unverändert und unter Nennung des Autoren sowie der ursprünglichen Netzquelle: https://www.der-stoerenfried.de/free-speech/25-willensethik-und-unmoral - Als PDF Version unter: https://der-stoerenfried.de/images/epaper/001_willensethik.pdf

 

 

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